– Historie –
Drewes Wale steht in der hohen Diele seines Hauses und betrachtet die kupferne Braupfanne. Gut 15 hl Malzmaische fasst die Pfanne.
Der Bierkonsum der Stadt befördert seine Geschäfte. Seit 1476 betreibt er sein Brauhaus. Es liegt verkehrsgünstig, an der Straße vom Kalkberg zum Platz Am Sande. Früher stand auf dem Kalkberg die Burg des Landesherren, doch die mächtigen Bürger der Stadt vertrieben 1371 den Herzog und zerstörten die Burg. Das einflussreiche Benediktinerkloster St. Michaelis, das bei der Burg lag, zog in die Mauern der Stadt nur einen Steinwurf entfernt von Drewes Brauhaus.
Vor beinah einem Jahrhundert, im Jahre 1401 bestimmte der Rat der Stadt Lüneburg, dass „en jewelk borger to Luneborg dem dat bequeme is, mach bruwen Luneborger ber, also he best kann“. Und in der Brauerordnung von 1488 regelt der Rat, dass nur gutes Bier angeboten werden darf und der Wettbewerb unter den Brauern in Schranken zu halten sei. Nur Bürger der Stadt erhalten die Erlaubnis zum Brauen. Kein Brauer darf häufiger als einmal in der Woche Rot- oder Weißbier brauen.
Der geschäftliche Erfolg erlaubt Drewes Wale, dem Ratmann Gottfried Tzerstede im Jahre 1489 ein Haus, das zwischen seinem Eckhaus und der „Synagoge“ liegt, abzukaufen. 1497 kauft er aus dem Nachlass des Herrn Heinrich Erpensen ein Haus mit einem Backofen auf dem Hof und zwei Buden, kleine Wohnhäuser. Drewes Grundstück erstreckt sich nun an der Straße „Auf der Altstadt“ und der alten Neuen Straße, jetzt Ohlingerstraße genannt.
Zum Brauen benötigt Drewes Wale gutes Wasser. Daher wird das Brauhaus an die Wasserleitung des „Kranken Heinrich“ angeschlossen. Aus über 2 km Entfernung fließt frisches Wasser aus einer Quelle durch hölzerne Röhren in die Stadt. Rund 30 Jahre später schließen die Brauer der Stadt einen Vertrag mit dem Abt des Michaelisklosters zum Bau einer neuen Wasserleitung. Auf einem Grundstück des Klosters an der Ilmenau wird ein Turm mit einem Wasserrad erbaut. Die Abtswasserkunst versorgt 24 Häuser und das Michaeliskloster mit frischem Wasser.
Rund 80 Brauhäuser stillten den Durst der Lüneburger. Zudem verkaufte der Rat der Stadt in den Bierkellern Fremdbier. Einbecker Bier wurde in zwei Kellern des Rathauses verzapft. Das Hamburger Bier war leicht zu beschaffen, da es über die Ilmenau verschifft werden konnte. Zum Michaelismarkt 1486 ließen die Bierherren, zwei Mitglieder des Rates, einen Bierkeller „an den vier Orten“, ganz in der Nähe von Drewes Brauhaus, einrichten. Die Lüneburger bevorzugten aber Bier aus den städtischen Brauhäusern, denen sie Namen gaben wie „Jungenskrog“, „Caldunenkrog“, „Kattenkop“ oder „verstörte Bibel“.
Das Ansehen der Lüneburger Brauer wuchs mit der Zeit. Sie haben zwar nie die Bedeutung der Sülfmeister erlangt, doch in den Jahren der Reformation gelang es ihnen, in den Rat der Stadt aufgenommen zu werden.
Im Jahre 1511 übernahm Volkmer van der Heide das Brauhaus von Drewes Wale. Bis 1559 blieb das Brauhaus Eigentum der Familie van der Heide. Es folgte 1575 der Brauer Meinecke Schröder. Er baute 1562 den großen, giebelständigen Flügelbau an der Straße „Auf der Altstadt“. Als Meinecke Schröder 1571 starb, führte seine Witwe drei Jahre lang den Betrieb weiter. Ihr Sohn Albert war ein äußerst erfolgreicher Brauer, denn der konnte es sich 1593 leisten, an der Ohlingerstraße einen prächtigen Flügelbau errichten zu lassen. Über dem Erdgeschoss mit der Durchfahrt ließ er einen großen Saal bauen. Seine Decke wurde prächtig bemalt: Rankenwerk, Tiere und Engel überziehen die Eichenbohlen. Tugenden ermahnen aber auch die Bewohner, ein sittsames Leben zu führen. Aus einem Erker an der Straßenseite konnte Albert Schröder das Leben in der Altstadt verfolgen. Er verstarb am 24. Januar 1603. Seine Witwe führte über zwanzig Jahre die Brauerei.
Vier Generationen der Familie Reuter sorgten zukünftig für die Bierproduktion. Reuters besaßen ein weiteres Brauhaus in der Salzbrückerstraße. Sie verkauften 1670 das Brauhaus auf der Altstadt an den Auditor Burchard Joachim Schwartz. Der Richter baute das Haupthaus um und verpachtete den Betrieb an den Brauer Johann Otto, der die Brauerei nach wenigen Jahren übernahm.
Im 18. Jahrhundert wechselte die Brauerei zweimal den Besitzer. Ein Sandstein an der Rückfassade des Hauses nennt das Brauerehepaar Henning Müller und Clara Dorothea Wilhelmine Müller, geborene Segeln. Der 1780 datierte Stein zeigt das Wappen der Brauer. 1858 wurde das Brauhaus nochmals umgebaut und war nun auch Gastwirtschaft, die seit 1901 den Namen „Zur Eiche“ trug. Die Brauerin und Gastwirtin Katharina Wense führte den Betrieb von 1865 bis 1894, anschließend Peter Dammann, der letzte Brauer nach über 400 Jahren Brautradition an diesem Standort. Die Brauerei wurde 1902 geschlossen. Danach wurde der Gebäudekomplex von der Familie Dammann als Gastwirtschaft mit Fremdenzimmern betrieben.
Die ehemalige Brauerei mit ihren Flügelbauten wurde in den Jahren 2003/2004 aufwändig restauriert. Nun wird die Tradition des Gästehauses wieder aufgenommen.
Text: Dr. Edgar Ring, Stadt Lüneburg, Stadtarchäologie und Baudenkmalpflege
www.stadtarchaeologie-lueneburg.de
von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs blieb die alte Stadt, von den Bombardierungen des Museums und des Bahnhofs abgesehen, weitgehend verschont.